Ich selbst wäre nie auf die Idee
gekommen, mit meinen Kindern auf einen Vita Parcours zu gehen. Aber für
kreative Vorschläge, um meine sportliche „Freizeit“ totzuschlagen, ist ja die
„hilfreiche“ Redaktion von Fit for Life zuständig. Also packte ich meine beiden
Kinder Cosmo (4) und Avery (7), Sie sehen, ich war zumindest bei der
Namensgebung der Kids kreativ, ins Auto und brachte sie zum Sportplatz Fluntern,
vis-à-vis vom Zürcher Zoo. Im Internet fand ich heraus, dass sich dort oben der
kürzeste Vita Parcours von Zürich befand, nämlich nur gerade mal 2,2 Kilometer
lang. Das sollten die zwei armen, von einer einwöchigen Grippe geschwächten
Kleinsportler doch noch schaffen. Dank einer Portion Dafalgan-Sirup war das
ausklingende Fieber im Nu gebannt und aus zwei toten Fliegen wurden innert
einer halben Stunde zwei drahtige, böse Vita-Parcours-Bonzais.
Wir drei trugen unsere
Sportklamotten und Cosmo bestand darauf, seinen Winnie Pooh mit auf den
Parcours zu nehmen. Tja, was immer den Jungen vom Schreien abhält ist für mich
okay. Wir teilten noch eine Banane, um den fiesen Hungerast fernzuhalten und
machten uns dann guten Mutes auf den Weg zum ersten Posten. Dort dehnten wir
uns mal deftig, genau so wies die Tafel von uns verlangte und so, wie wir es
aus dem TV-Spot kennen, in dem ein Mann seinen Porsche über die Klippen
schiebt. Die Sonne schien und die Moral der Truppe war hoch. Lachend kamen wir
beim zweiten Posten an. Verschiedene Beweglichkeitsübungen standen an. Bei der
Fussschaukel und den Hüpfübungen hatten die Kleinen Spass, doch beim parallelen
Armschwingen in grossen Achterschlaufen bestand plötzlich grosse Gefahr, dass
sie sich gegenseitig die Milchzähne aus den Kindsköpfen schlagen. Also brach
ich die Übung ab und wir gingen weiter. Avery rannte wie von der Tarantel
gestochen zur nächsten Tafel. Cosmo und ich joggten locker hinterher.
Froschhüpfen übers Rundholz war
angesagt. Das konnten die beiden Kängurus natürlich sehr gut. Dann aber fiel
Winnie Pooh auf den Waldboden und wurde etwas schmutzig. Cosmos Partylaune
drohte zu kippen. Erst als ich ihm versicherte, dass wir bei jedem Stopp einen
sicheren Platz für Winnie Pooh suchen, erhellte sich sein Gemüt wieder. Und
weiter gings durch den schönen Frühlingswald. Avery war als Erste bei den
Reckstangen. Ich platzierte Winnie Pooh, hängte die Kinder an die Stange und
wartete unten darauf, dass sie wie Fallobst wieder in meine Arme fallen. Dies
wiederholten wir ein paar Mal, dann war ich dran. Nach 3 1/2 Klimmzügen war die
Vorstellung beendet. Zu Hause schaffe ich aber mindestens 7! Ich gab meinen
schweren Turnschuhen die Schuld. Den Kindern kann man ja alles erzählen.
Averys Schritt wurde jetzt schwerer
und auch Cosmo lahmte etwas. Bei Posten 5 gings wieder um Beweglichkeit. Für
den Hohlrücken-Rundrücken konnte ich die Kids noch begeistern, weil das die
Kätzchen auch machen, wenn sie morgens aufstehen, aber für die anderen Übungen
fielen mir keine Metaphern mehr ein und prompt kam Cosmos Reaktion: „Du Papi,
ich wett jetzt wieder Hei.“ Die Jugend von heute hat einfach kein
Durchhaltevermögen mehr. Als ich ihm sagte, dass das nicht geht, ging die
Quengelei los. Jedes Wort wurde nun stossweise betont: „Ich! mag! aber! nüme!
laufe!“ Er begann mit den Beinchen zu stampfen (dafür hatte er natürlich noch
Energie), was meistens der Vorläufer eines ausgedehnten Tobsuchtsanfalls ist.
Schnell bot ich ihm an, dass er zu jedem zweiten Posten Huckepack auf mir reiten
darf. Überraschenderweise willigte er ein. Es lebe die Diplomatie.
Wir galoppierten eine Station weiter
zu den Ringen. Dran hängend mussten wir die Beine anziehen. Die Kinder machten
das prima, nur bei mir zitterte etwas der Käse über dem Tessinerbrötchen. Nur
nichts anmerken lassen, denn Papi ist ja der Grösste und Stärkste. Eins weiter
wartete der Barren auf uns. Avery kennt das Gerät aus der Turnstunde und machte
die Stütz- und Schwingübungen gut mit. Cosmo musste aussetzen, denn die beiden
Holme waren zu weit auseinander für den Kleinen. Aber dafür durfte er jetzt ja
wieder auf seinem Gaul reiten. Langsam ging die Huckepack-Geschichte in die
Beine. Von Averys Sprinter-Euphorie war auch nichts mehr übrig. Sie lief jetzt
nur noch von Posten zu Posten, was für mich mit meinen knapp 20 Kilo
„Übergewicht“ auf dem Rücken voll okay war. Wir steppten, stemmten und hüpften
uns durch die Posten 8, 9 und 10. Die Strecke ging nur noch bergauf und Avery
fand es jetzt gar nicht mehr lustig. Sie weigerte sich strikt weitere Übungen
zu machen. Ich drohte ihr damit, ausführlich über ihre „Befehlsverweigerung“ in
meiner Kolumne zu berichten. Zähneknirschend machte sie weiter. Gut zu wissen,
dass neu „öffentliches Blossstellen“ als Druckmittel bei ihr funktioniert. Ha!
Cosmo hatte jetzt gar keine Lust
mehr auf Sport und suchte stattdessen Regenwürmer, welche er uns unter die Nase
hielt. Während ich Cosmo, Winnie Pooh und einen Regenwurm eine lange Treppe
hochschleppte und meiner Tochter laufend mit öffentlicher Schande drohte,
erreichten wir schliesslich die letzten paar Posten. Der Sportsgeist der Kinder
erwachte wieder und ehrgeizig balancierten sie über das Zick-Zack-Holz und
liefen im Slalom dem Ziel entgegen. Der Einzige, der bei diesem Vita Parcours
so richtig ins Schwitzen kam war ich – aber das war ja wohl auch die Absicht
der „lieben“ Redaktion.
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