Stellen sie sich vor, sie würden mit
den folgenden Läufern ein Lauftraining bestreiten: Christian Kreienbühl (4-facher
Vizeschweizermeister 5000m bis Marathon), Christian Matthys
(Berglaufschweizermeister), Samuel Morf und Rubén Oliver (Langstreckenläufer),
Rolf Brühwiler und Christoph Knörri (Ultralangstreckenläufer und Gigathleten,
letzterer 9. am Gigathlon 2011 bei den Singels). Und stellen sie sich vor, sie
würden als einzige Vorbereitung auf diesen Event gerade mal ganze zwei Donuts
essen, sonst nichts. Stolz darauf sein ist anders aber so, liebe Leserschaft,
wars nun mal.
Offen gesagt,
hatte ich auf dieses Lauftraining beim TV Oerlikon etwa soviel Lust wie eine
Hecke Lust darauf hat mit einem Rasenmäher geschlossen Cha-Cha-Cha zu tanzen.
Denn soviel war mir klar: Laufen mit diesen Leuten bedeutet Bewegung und
Bewegung bedeutet Schmerz und Schmerz macht AUA - mit diesen Leuten, Mega-AUA. Nachdem
mich der Lauftrainer Rubén Oliver seiner Truppe vorgestellt hatte, begaben wir
uns auf eine 15-minütige Aufwärmrunde durchs Quartier. Wie ein rennender
Stammtisch bewegten sich die rund 30 Läufer laut schwatzend durch die Gegend. Ruben
gesellte sich zu mir und wir tratschten über den Laufsport und wie lange es
wohl gehen würde, bis es mich hier „verbläst“.
Das Marschtempo
entsprach etwa einem Schlussspurt eines meiner seltenen halbstündigen
Jogging-Trainings und somit viel zu hoch für mich. Rubén und ich befanden uns
am Ende des Peletons, was eine gewisse Sogwirkung auf mich hatte, denn es
„verblies“ mich nicht, noch nicht. Bei unserer angeregten Unterhaltung verlor
ich immer mehr Sprachanteil, da ich den Sauerstoff für wichtigere Dinge, wie
Überleben und so, brauchte. Rubén indes, plauderte weiter als wäre nichts
geschehen, was in seinem Fall wohl auch der Fall war. Unser Dialog verkam zu
einem Monolog bei dem Ruben ins Schwärmen über die soziale Komponente des TV
Oerlikon geriet und, dass die Läufer auch wenn sie verletzt seien ins Training
kommen und, dass sie alle auch oft noch eins trinken gingen nach einem
Wettkampf. Als ich das hörte, kam mir die perfekte Überschrift für diese
Kolumne in den Sinn: „TV-Oerlikon: Laufen um zu saufen.“ Ruben tat das zynisch lächelnd
als leichte Missinterpretation seiner Aussage ab. Tja, ich fands zu diesem
Zeitpunkt superlustig und musste ganz fest über meine kreative Headline lachen.
Kam ich etwa schon so früh in den Genuss eines Runners High? Wie auch immer,
ich blieb am Feld dran und liess nicht abreissen.
Wie Gladiatoren liefen wir zum Schluss
des Einlaufens auf der 250-Meter Bahn im Schulhaus Liguster ein. Dort
trainierten gerade die Junioren und sie bestaunten uns, die „Grossen“, ehrfürchtig
als wären wir antike Museumstücke. Ich nahm natürlich auch eine Portion Ruhm
entgegen. Die ahnungslosen Kids konnten ja nicht wissen, dass ich in
Wirklichkeit kein Top-Läufer war sondern ihnen höchstens in der Disziplin
„Jemanden unter den Tisch saufen“ die Stirn bieten könnte.
Jetzt kamen wir zum eigentlichen
Leckerbissen dieses Lauftrainings, dem Lauf-ABC. Seit ich hier war, tat ich
nichts anderes, doch jetzt würde ich es endlich von Grund auf richtig lernen,
das Laufen. Rubén stellte uns alle in einer Linie auf die Bahn. Bei jeder
Übung, die er uns erst erklärte, legten wir etwa 60 Meter zurück und joggten
dann entspannt wieder zurück zum Ausgangspunkt. Die Junioren durften auch
mitmachen. Vom Abroll-Laufen zum Fussballen-Laufen übers Skipping und
Rückwärtslaufen bis hin zum Fusshebelauf absolvierte ich alle Aufgaben wie ein
Musterschüler, doch dann stolperte ich über den Unterfersenlauf. Da sollte ich
während dem Laufen die Ferse bis unters Gesäss raufziehen. „Das mache ich doch
mit Links.“, dachte ich noch, doch genau dort lag der Hund begraben. Mit Rechts
wars ein Kinderspiel, doch auf der linken Seite sträubte sich mein ganzer
Körper gegen diese Bewegung und liess mich aussehen wie Pinocchio, der gerade
von einem Schwarm Borkenkäfer angegriffen wird. Durch diesen unerwarteten
motorischen Defekt kam ich auch nicht so schnell vorwärts wie die Anderen,
welche nach getaner Übung über meine Impression als „Mr. Bean geht über glühend
heisse Kohlen“ nicht schlecht staunten. Jetzt wurde auch dem letzten begeisterten
Junior klar, dass ich NICHT zum Dream-Team gehörte. Spätestens beim
„Storchengang statisch und dynamisch“ wähnte ich mich in einem fiesen Casting zur Aufnahme ins Ministry of
Silly Walks von den Monty Python. Tja, die anderen konntens, ich nicht, soweit
die trübe Bilanz. Mein Fazit lautet: Wer schnell rennen will, muss zuerst lernen
lustig zu rennen.
Beim anschliessenden Bahntraining
über 6 mal 1000 Meter im Halbmarathon-Wettkampftempo entschied ich mich den
ersten Kilometer mitzurennen. Die 4 mal 250 Meter würde ich ja wohl noch an der
Meute dranbleiben können. Oder? Obwohl mir Rubén kurz vor dem Start noch
zurief, ich solle nicht zu schnell starten, startete ich zu schnell und nach der
ersten Runde verpuffte mein Ziel dranzubleiben und ich beschränkte mich darauf
nicht überrundet zu werden, was mir auch gelang. Nach den längsten 4:15 Minuten
in meinem Leben lief ich begleitet von einem Mitleids-Applaus ins Ziel und
fühlte mich wie durch eine Hecke gezogen, die gerade mit einem Rasenmäher
geschlossen Cha-Cha-Cha getanzt hatte. Danke Rubén, beim nächsten Mal gehen wir
statt laufen einen saufen, dann sind wir, was den Kater betrifft, wieder quitt.
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