Freitag, 24. Januar 2014

Midi zu Gast beim TV Oerlikon


Stellen sie sich vor, sie würden mit den folgenden Läufern ein Lauftraining bestreiten: Christian Kreienbühl (4-facher Vizeschweizermeister 5000m bis Marathon), Christian Matthys (Berglaufschweizermeister), Samuel Morf und Rubén Oliver (Langstreckenläufer), Rolf Brühwiler und Christoph Knörri (Ultralangstreckenläufer und Gigathleten, letzterer 9. am Gigathlon 2011 bei den Singels). Und stellen sie sich vor, sie würden als einzige Vorbereitung auf diesen Event gerade mal ganze zwei Donuts essen, sonst nichts. Stolz darauf sein ist anders aber so, liebe Leserschaft, wars nun mal.

Offen gesagt, hatte ich auf dieses Lauftraining beim TV Oerlikon etwa soviel Lust wie eine Hecke Lust darauf hat mit einem Rasenmäher geschlossen Cha-Cha-Cha zu tanzen. Denn soviel war mir klar: Laufen mit diesen Leuten bedeutet Bewegung und Bewegung bedeutet Schmerz und Schmerz macht AUA - mit diesen Leuten, Mega-AUA. Nachdem mich der Lauftrainer Rubén Oliver seiner Truppe vorgestellt hatte, begaben wir uns auf eine 15-minütige Aufwärmrunde durchs Quartier. Wie ein rennender Stammtisch bewegten sich die rund 30 Läufer laut schwatzend durch die Gegend. Ruben gesellte sich zu mir und wir tratschten über den Laufsport und wie lange es wohl gehen würde, bis es mich hier „verbläst“.

Das Marschtempo entsprach etwa einem Schlussspurt eines meiner seltenen halbstündigen Jogging-Trainings und somit viel zu hoch für mich. Rubén und ich befanden uns am Ende des Peletons, was eine gewisse Sogwirkung auf mich hatte, denn es „verblies“ mich nicht, noch nicht. Bei unserer angeregten Unterhaltung verlor ich immer mehr Sprachanteil, da ich den Sauerstoff für wichtigere Dinge, wie Überleben und so, brauchte. Rubén indes, plauderte weiter als wäre nichts geschehen, was in seinem Fall wohl auch der Fall war. Unser Dialog verkam zu einem Monolog bei dem Ruben ins Schwärmen über die soziale Komponente des TV Oerlikon geriet und, dass die Läufer auch wenn sie verletzt seien ins Training kommen und, dass sie alle auch oft noch eins trinken gingen nach einem Wettkampf. Als ich das hörte, kam mir die perfekte Überschrift für diese Kolumne in den Sinn: „TV-Oerlikon: Laufen um zu saufen.“ Ruben tat das zynisch lächelnd als leichte Missinterpretation seiner Aussage ab. Tja, ich fands zu diesem Zeitpunkt superlustig und musste ganz fest über meine kreative Headline lachen. Kam ich etwa schon so früh in den Genuss eines Runners High? Wie auch immer, ich blieb am Feld dran und liess nicht abreissen.

Wie Gladiatoren liefen wir zum Schluss des Einlaufens auf der 250-Meter Bahn im Schulhaus Liguster ein. Dort trainierten gerade die Junioren und sie bestaunten uns, die „Grossen“, ehrfürchtig als wären wir antike Museumstücke. Ich nahm natürlich auch eine Portion Ruhm entgegen. Die ahnungslosen Kids konnten ja nicht wissen, dass ich in Wirklichkeit kein Top-Läufer war sondern ihnen höchstens in der Disziplin „Jemanden unter den Tisch saufen“ die Stirn bieten könnte.

Jetzt kamen wir zum eigentlichen Leckerbissen dieses Lauftrainings, dem Lauf-ABC. Seit ich hier war, tat ich nichts anderes, doch jetzt würde ich es endlich von Grund auf richtig lernen, das Laufen. Rubén stellte uns alle in einer Linie auf die Bahn. Bei jeder Übung, die er uns erst erklärte, legten wir etwa 60 Meter zurück und joggten dann entspannt wieder zurück zum Ausgangspunkt. Die Junioren durften auch mitmachen. Vom Abroll-Laufen zum Fussballen-Laufen übers Skipping und Rückwärtslaufen bis hin zum Fusshebelauf absolvierte ich alle Aufgaben wie ein Musterschüler, doch dann stolperte ich über den Unterfersenlauf. Da sollte ich während dem Laufen die Ferse bis unters Gesäss raufziehen. „Das mache ich doch mit Links.“, dachte ich noch, doch genau dort lag der Hund begraben. Mit Rechts wars ein Kinderspiel, doch auf der linken Seite sträubte sich mein ganzer Körper gegen diese Bewegung und liess mich aussehen wie Pinocchio, der gerade von einem Schwarm Borkenkäfer angegriffen wird. Durch diesen unerwarteten motorischen Defekt kam ich auch nicht so schnell vorwärts wie die Anderen, welche nach getaner Übung über meine Impression als „Mr. Bean geht über glühend heisse Kohlen“ nicht schlecht staunten. Jetzt wurde auch dem letzten begeisterten Junior klar, dass ich NICHT zum Dream-Team gehörte. Spätestens beim „Storchengang statisch und dynamisch“ wähnte ich mich in einem fiesen  Casting zur Aufnahme ins Ministry of Silly Walks von den Monty Python. Tja, die anderen konntens, ich nicht, soweit die trübe Bilanz. Mein Fazit lautet: Wer schnell rennen will, muss zuerst lernen lustig zu rennen.

Beim anschliessenden Bahntraining über 6 mal 1000 Meter im Halbmarathon-Wettkampftempo entschied ich mich den ersten Kilometer mitzurennen. Die 4 mal 250 Meter würde ich ja wohl noch an der Meute dranbleiben können. Oder? Obwohl mir Rubén kurz vor dem Start noch zurief, ich solle nicht zu schnell starten, startete ich zu schnell und nach der ersten Runde verpuffte mein Ziel dranzubleiben und ich beschränkte mich darauf nicht überrundet zu werden, was mir auch gelang. Nach den längsten 4:15 Minuten in meinem Leben lief ich begleitet von einem Mitleids-Applaus ins Ziel und fühlte mich wie durch eine Hecke gezogen, die gerade mit einem Rasenmäher geschlossen Cha-Cha-Cha getanzt hatte. Danke Rubén, beim nächsten Mal gehen wir statt laufen einen saufen, dann sind wir, was den Kater betrifft, wieder quitt.


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