Wieder einmal nahm ich meine Tochter
Avery unter den Arm um mit ihr ein neues FIT for LIFE-Abenteuer zu erleben.
Heute würde ich in den Genuss einer Einführungsstunde im Diskus werfen kommen.
Nach gefühlten 87 anstrengenden Fragen über das Wie-Weshalb-Warum eines
Diskus’, hatte ich die Rolle des Kinderlexikons satt. „Ist wie ein Frisbee, einfach
schwerer“, erklärte ich meiner Löcher-in-den-Bauch-fragenden Tochter das
Sportgerät. „Soll ich den Frisbee dann versuchen zu fangen, wenn du ihn
geworfen hast?“, Würde ich den
kleinen Nörgel-Bonzai nicht so abgöttisch lieben, hätte ich womöglich ja gesagt
- aber eben, ich liebe sie abgöttisch und antwortete: „Nein mein Schatz, das
übernimmt der Rasen für dich.“
„Rasen betreten verboten“ stand auf
dem Schild neben dem Letzigrund-Stadion. Werni, mein Diskusmeister, meinte das
Verbot gelte nicht für uns und schickte Avery und mich gleich auf eine
Aufwärmrunde auf der schönen Wiese. Vor lauter Aufregung, dass wir auf
verbotenem Terrain sein durften, vergass mein Töchterchen Fragen zu stellen.
Sollten wir öfters machen. Zurück bei Werni offenbarte ich ihm, dass mein
zweiter Name Werner sei. Werni meinte darauf, dass sein Vater Werner heisse und ich konterte, dass
mein Vater auch Werner hiess und Werni meinte, dass es ja da noch den
Kugelwerni gäbe und er jetzt eben der kleine Kugelwerni sei und ich gab mich schliesslich
geschlagen und liess die ganze Wernerei mal so im Raum stehen – oder auf dem
Rasen.
Als Einstieg gab mir Werni einen
Crash-Kurs über die verschieden Grössen der Disken. Der schwerste Diskus wog zwei
Kilo und den drückte er mir in die Hand. Avery kriegte den Minidiskus. Werni
zeigte uns nun, wie man die Scheibe hält und über den Zeigfinger auf den Rasen
rollt. War gar nicht so einfach aber nach dem dritten Anlauf, hatte ich den
Dreh raus. Avery machte das eigentlich auch ganz gut aber bevor sich Werni hochmotiviert
in eine mögliche Nachwuchsförderung stürzen konnte, winkte ich ab und betonte,
dass diese Lektion nicht für Mini-Me sondern für mich sei. Zumal ich auch keine
Lust habe meine ganze Kohle für Anabolika-Pastillen und Rasierapparate auszugeben
um meine Tochter an die Diskus-Weltspitze zu bringen.
Werni zeigte mir jetzt wie man einen
Diskus aus dem Stand wirft. Bei ihm sah’s superlocker aus. Der Diskus flog, als
wäre er von einem Gallier auf Zaubertrank geworfen worden, über die Wiese.
Eigentlich wars tatsächlich wie beim Frisbee werfen, einfach spiegelverkehrt.
Der Diskus sollte dabei über den Zeigfinger davonfliegen und nicht über den
kleinen Finger. Und genau dort war bei mir der Hund begraben. Ich hatte den
Frisbee-Modus im System und kriegte das nicht gebacken. Nach mehreren
kläglichen, eierigen Versuchswürfen gelang mir endlich ein einigermassen
passabler Wurf. Der edle Rasen muss mich gehasst haben, denn unwuchtige Scheiben
hinterlassen Narben.
Avery mutierte jetzt zur perfekten
Wurfassistenin. Nach jeder Wurfserie rannte sie los, sammelte alle Disken ein
und legte sie mir, der Grösse nach sortiert, wieder bereit. Mein Herz schmolz
dahin vor lauter Vaterstolz. Doch dafür blieb nicht lange Zeit, denn Werni
forderte mich auf, vor dem Wurf noch einen Ausfallschritt einzubauen. Das ging
soweit so gut. Es hatte natürlich auch da wieder ein paar Eier drin. Endlich
kamen wir zur Vollendung des schwungvollen Begwegungsablaufs: Piruette,
Ausfallschritt, Hüfte etwas stehen lassen, Oberkörper kommen lassen, Rücklage
vermeiden, Wurfarm durchziehen und Diskus schön über den Zeigfinger ins Grüne
rausbolzen.
Beim Kugelwerni sah das alles so
schön fliessend aus, dass ich den inneren Drang verspürte, ihn um ein Tänzchen
zu bitten. Zudem machte Werni zum Schluss der „Choreo“ noch ein kleines
Gümpchen mit Drehung, wie mans halt kennt von den Richtigen im Fernsehen.
Faszinierend. Als ich die schwierige Kombination versuchte war ich erst eine
Weile lang Godzilla in Tokio und später dann ein schwungvoller Fred Astaire
aber eben nie der kleine, tanzende Kugelwerni. Ich muss sagen, Diskusse werfen
ist ein wunderschöner Bewegungsablauf der wie aus einem Guss daher kommt -
sollte er dann mal gelingen. Bei mir wars halt mehr eine Lotterie aber die wenigen
Treffer die ich landete waren starke Momente die mir reflexmässig einen Brunftschrei
entlockten. Nach einer Stunde hatte ich
jedoch genug Scheiben geworfen und der Rasen wohl auch genug von mir.
Ich bedankte mich bei Werni für seine Geduld und spazierte mit Avery Hand in
Hand dem Sonnenuntergang entgegen. „Papi, ich habs lieber, wenn du Frisbee
spielst, dann schreist du nicht so blöd rum.“ Zuckerbrot und Peitsche, die
Kleine hats einfach drauf.
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