Nennen sie mich verrückt aber irgend
etwas in mir sträubt sich vehement, meine Wohlstandsfüsse in zu enge Schuhe zu
zwängen um auf langen, dünnen Stahlauflagen übers Glatteis zu torkeln und in
Mitten einer Horde Eisschnelllauf-Cracks das Chalb zu machen. Aber eben, ich
tats trotzdem um ihnen so von meinen kühnen Erlebnissen auf der Kunsteisbahn
Dolder berichten zu können.
Zugepackt mit den wärmstmöglichen
Sportklamotten, die sich über die Jahrzehnte in meinem Wandschrank angesammelt
haben, meldete ich mich am Sonntagabend bei Frau Riesen in der Hockey-Garderobe
1 zum Dienst. Sie drückte mir zwei Schlittschuhe in die Hand und ich schnürte
mir die Dinger so straff wies nur ging an meine Treter. Danach sass ich mal
einfach so da und versuchte mir nicht anmerken zu lassen, dass ich ein
absolutes Schlittschuh-Greenhorn war. Nach ein paar Minuten, bekam ich
Wallungen. Ein Gruss der vielen Thermoschichten, die ich mir übergestreift hatte.
Also nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und erhob mich. Da diese Kufen eine Überlänge
haben, wird die Fortbewegung zu einer echten Herausforderung. Spätestens als
ich mich wie eine besoffene Bachstelze durch die Garderobe nach Draussen begab,
war allen Anwesenden klar, dass ich das hier wohl zum ersten und letzten Mal
machen würde. Wenn nur schon das Laufen auf diesen Schlittschuhen ein massives Sicherheits-Problem
für mich darstellte, wie halsbrecherisch würde es dann auf dem Eis für mich werden?
Nachdem ich draussen vor dem Eisfeld
etwas verloren in den Winternachthimmel starrte, gesellte sich Frau Riesen, die
ich inzwischen Brigitte nannte, zu mir und führte mich aufs Glatteis. Während
Brigitte vorsichtig meine Kufenschoner entfernte, klammerte ich mich ans
Geländer als wäre es mein allerbester Freund. Nun war es vollbracht. Ich stand
tatsächlich auf dem Eis. Erst noch, etwas übervorsichtig in der Embryo-Position,
dann leicht vorgebeugt, a la Neandertaler und schlussendlich in senkrechter
Haltung ganz Homo Erectus. Ich durchlief die menschliche Evolution innert einer
Minute und stand jetzt auf dem Eis, wie eine frischgeschlüpfte Giraffe.
Meine ersten „Gehversuche“ waren
ziemlich zaghaft aber eine gewisse Vorwärtsbewegung liess sich nicht
wegdiskutieren. Ich fuhr auf dem Eis! Brigitte lobte mich dafür, obwohl ein
dressierter Affe auf Schlittschuhen ähnlich schnelle Fortschritte gemacht
hätte. Wie auch immer, ich machte nun eine weit bessere Falle als eben noch als
Quasimodo in der Garderobe. Brigitte gab mir ein paar Haltungstipps und schon
gings noch besser. Das Ganze erinnerte mich stark an die Skating-Session vor
zwei Jahren auf dem Sihlsee. Bewegungstechnisch ist das hier die selbe Sache.
Bevor sich bei mir schon fast etwas Übermut breitmachen konnte, stellte mir
Brigitte die Aufgabe, mich nur mit Hilfe einer schlenkernden Bewegung des rechten
Beins fortzubewegen, wobei die Kufen stetig auf dem Eis bleiben sollten. Gleichzeitig
zu diesem Schlenkern machte ich mit dem ganzen Körper eine Auf-und-Ab-Bewegung
und gewann so an Geschwindigkeit. Wie eine Schlange drehte ich ein paar Runden
auf der schönen Dolder Eisbahn. In der Mitte des Eisfeldes stand ein prächtiger
Weihnachtsbaum. „Versuchs mal noch mit Links.“, rief mir Brigitte zu während
sie gleichzeitig noch ein paar Fortgeschrittene trainierte. Doch Links ging nichts.
Nach ein paar adrenalingeschwängerten Halb-Crashs begab ich mich wieder in den
sicheren Skating-Modus.
Brigitte forderte mich auf einbeinig
zu fahren. Schwierig, schwierig. Der Schlittschuh entwickelte dann ein
Eigenleben, auf das ich keinen Einfluss hatte. Brigitte meinte, dass bei dieser
Übung viele Profis noch immer Mühe hätten. Das konnte ich kaum glauben, denn
wenn ich diesen Eisschnellläufern so zusah, wie sie an mir vorbeischossen und
mit 55 km/h die Kurve kratzten, löste das in mir ein spontanes „Wow!“ aus. Während
sich bei meinen Füssen allmählich ein spontanes „Au!“ bemerkbar machte. Die
ganze Zeit über beschrieben meine Füsse entweder ein V oder ein A. Die
Schnurbändel hatten sich etwas gelöst und meine Beine wurden vom dauernden
Ausbalancieren und der konstant anhaltenden Sturzprävention ganz klapprig. Also
legte ich beim Christbaum in der Mitte des Feldes einen kurzen Boxenstopp ein.
Ich tat so als würde ich den übergrossen Weihnachtsschmuck am Baum bewundern.
Die Trainingsgruppe legte jetzt 6, 8
und dann 12 Runden im zügigem Tempo zurück. Ich wurde gleich zu Beginn
abgehängt und bekam als Trösterli von Brigitte gute Tipps, um in den Kurven
übersetzen zu können. Der Trick lag darin, nicht mit dem gestreckten Bein zu
überkreuzen, sondern das Bein leicht zu biegen. Ha! Danach wars ganz einfach. Aber
eben, die liebe Kraft liess arg nach. Nach einer unfreiwilligen Biellmann-Pirouette
mit anschliessendem Popo-Plumpser (hat Niemand gesehen, glaub ich), entschied
ich mich die Schlittschuhe an den Nagel zu hängen und in meinen warmen Sorel Boots
dem Kuhnagel zu frönen. Dabei sah ich den Cracks noch etwas beim Sprinten zu.
Schön wars, nicht zuletzt dank meiner „Hockey-Mom“ Brigitte. Merci vielmal.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen