Um es vorweg zu nehmen: In einer T-Bow-Stunde wimmelt
es nur so von Frauen, aber MANN wird keine davon zu Gesicht bekommen,
geschweige denn kennenlernen, weil MANN stetig damit beschäftigt ist, nicht auf
die Fresse zu fallen.
Gerade rechtzeitig betrat ich die Hochschulsportanlage
der ETH Zürich und meldete mich am ASVZ-Schalter (Akademischer Sportverband
Zürich). Ich akkreditierte mich als Besucher und stellte mir vor, wie alle
Studenten mich mit meinem biblischen Alter von 44 Jahren, als Professor
einstufen würden. Vielleicht dachten sie aber auch nur, ich sei der Abwart. Alles
Dilettanten. Ich befand mich hier ja in den heiligen Hallen der Elite unseres
Landes. Als ehemaliger Nichtstudent und „nur“ Sekundarschüler hatte ich hier
natürlich stetig das Gefühl, fehl am Platz zu sein und dieses Gefühl sollte
sich auch in dieser T-Bow-Klasse nicht ändern.
Mit einer gespielten Gelassenheit holte ich mir am
Hallenrand ein T-Bow und zwei Gummibänder und platzierte mich, routiniert wie
ich bin, ganz unauffällig hinten links in der Klasse. So konnte mir niemand von
hinten auf die Glatze starren oder beim Überfordert sein zusehen. Ich war
wiedermal der einzige Mann in der Runde. Nur ein älterer Herr, der sich auf der
anderen Seite des Raumes einnistete, hielt mir die Stange und versuchte mit mir
den Testosteronspiegel hier etwas anzuheben. Vergebens. Ich vermutete, dass der
arme Kerl sich entweder verlaufen oder eine Wette mit seinen Jasskumpels
verloren hat. Das Selbe dachte er wohl auch von mir. Wie auch immer, nicht mein
Problem. Mein Problem hiess Kersten Williams (wie der Schnaps, ihre Worte),
denn Kersten war die Instruktorin und dazu autorisiert, mir für die nächsten 60
Minuten amtlich bewilligte Schmerzen zufügen zu dürfen. Sehen sie, als braver
Steuerzahler kriegt man irgendwann alles vom Staat wieder zurück. Ich liebe
dieses Land.
Kersten trug eine lachsfarbene Aerobic-Uniform, ein
Janet-Jackson-Mikro und eine Paul-Breitner-Frisur. Passend zum Fussballthema
wärmten wir uns auf und zwar zu allen drei letztsommerlichen WM-Hits „Waka
Waka“, „Wavin’ Flag“ und das dritte, welches von einer Frau gesungen wird, so
mit Trommeln am Anfang, und alle kennen es, aber niemand weiss wies heisst. Ja,
genau das.
In der Aufwärmphase machten wir viele Schritt- und
Hüpfkombinationen, die tänzerisches Verständnis voraussetzten. Meine unzähligen
Discobesuche während meiner Jugendzeit sollten also doch noch zu was gut
gewesen sein. Das T-Bow, welches ja stark an ein Waschbrett, das zu lange an
der Sonne gelegen hat, erinnert, stellten wir vor uns hin. Alle Übungen
„gipfelten“ auf dem T-Bow und jetzt wurde mir auch klar, weshalb fast nur
Frauen hier waren. Multitasking war bei diesen relativ anspruchsvollen Kombinationen
gefragt und das hatte ich erstaunlicherweise ziemlich gut drauf, was aber
gleichzeitig auch meine Männlichkeit stark in Frage stellt. Aber hey, diese
Sorgen spare ich mir lieber für meine kurz bevorstehende Midlifekrisis auf.
Was zu Beginn noch locker anfing, entwickelte sich langsam
aber sicher zur Muskelfaserfolter. Spätestens als wir das T-Bow umdrehen
mussten und auf dieser grossen Halbschale balancierten, wurde mir klar, dass
das hier kein Nachmittag auf dem Ponyhof werden würde. Alle Übungen wurden
jetzt nämlich durch pausenloses Ausbalancieren intensiviert und das ist wohl
auch der Knackpunkt beim T-Bow. Wenn man festen Boden unter den Füssen hat,
ists einfach, aber kaum steht man hier oben, geht’s an die Substanz und die war
bei mir nur beschränkt vorhanden. Eine andere Investition aus meiner
Spätjugendzeit sollte sich nun
bezahlt machen: Die unzähligen Stunden, welche ich als Möchtegern-Skateboarder
in der Half- oder Quarterpipe verbrachte. Die halfen mir, während den
anspruchsvollen Kombinationen, die Balance zu halten und waren der Grund dafür,
dass ich mich hier nicht völlig zum Affen machte. Denn eines muss gesagt sein:
Ein „normaler“ Mann, was immer auch das sein mag, wäre hier schon lange einen
Stock höher auf irgendeinen Crosstainer geflüchtet. Aber ich und mein
Jasskumpel auf der anderen Seite hielten tapfer durch. Zum Glück war die Musik
so laut, dass man mein Wimmern nicht hören konnte.
Schlimmer geht’s nimmer, denk ich. Doch Frau Williams
(wie der Formel 1 Rennwagen, meine Worte) fordert uns auf Gummibänder, welche
in einen einseitig aufgeschlitzten Tennisball geflochten wurden (McGiver lässt
grüssen), zur Hand zu nehmen. Diese Gummibänder werden durch zwei Öffnungen am
T-Bow gezogen und dienen zur Intensivierung der eh schon durch die Balancegeschichte
intensivierten Intensiv-Übungen. Ich weiss ja nicht wie viele Stunden sich die
Erfinderin Sandra Bonacina mit Daniel
Düsentrieb bei der Entwicklung des T-Bows den Kopf zermartert hat, aber was
dabei heraus kam, ist für ein Weichei wie mich eine Katastrophe und für
körperbewusste Fitnessfreaks schlicht genial.
Und hier geht’s zur Folter: http://www.t-bow.ch/
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