Freitag, 24. Januar 2014

Midi sucht sein Glück in der T-Bow Klasse


Um es vorweg zu nehmen: In einer T-Bow-Stunde wimmelt es nur so von Frauen, aber MANN wird keine davon zu Gesicht bekommen, geschweige denn kennenlernen, weil MANN stetig damit beschäftigt ist, nicht auf die Fresse zu fallen.

Gerade rechtzeitig betrat ich die Hochschulsportanlage der ETH Zürich und meldete mich am ASVZ-Schalter (Akademischer Sportverband Zürich). Ich akkreditierte mich als Besucher und stellte mir vor, wie alle Studenten mich mit meinem biblischen Alter von 44 Jahren, als Professor einstufen würden. Vielleicht dachten sie aber auch nur, ich sei der Abwart. Alles Dilettanten. Ich befand mich hier ja in den heiligen Hallen der Elite unseres Landes. Als ehemaliger Nichtstudent und „nur“ Sekundarschüler hatte ich hier natürlich stetig das Gefühl, fehl am Platz zu sein und dieses Gefühl sollte sich auch in dieser T-Bow-Klasse nicht ändern. 

Mit einer gespielten Gelassenheit holte ich mir am Hallenrand ein T-Bow und zwei Gummibänder und platzierte mich, routiniert wie ich bin, ganz unauffällig hinten links in der Klasse. So konnte mir niemand von hinten auf die Glatze starren oder beim Überfordert sein zusehen. Ich war wiedermal der einzige Mann in der Runde. Nur ein älterer Herr, der sich auf der anderen Seite des Raumes einnistete, hielt mir die Stange und versuchte mit mir den Testosteronspiegel hier etwas anzuheben. Vergebens. Ich vermutete, dass der arme Kerl sich entweder verlaufen oder eine Wette mit seinen Jasskumpels verloren hat. Das Selbe dachte er wohl auch von mir. Wie auch immer, nicht mein Problem. Mein Problem hiess Kersten Williams (wie der Schnaps, ihre Worte), denn Kersten war die Instruktorin und dazu autorisiert, mir für die nächsten 60 Minuten amtlich bewilligte Schmerzen zufügen zu dürfen. Sehen sie, als braver Steuerzahler kriegt man irgendwann alles vom Staat wieder zurück. Ich liebe dieses Land.

Kersten trug eine lachsfarbene Aerobic-Uniform, ein Janet-Jackson-Mikro und eine Paul-Breitner-Frisur. Passend zum Fussballthema wärmten wir uns auf und zwar zu allen drei letztsommerlichen WM-Hits „Waka Waka“, „Wavin’ Flag“ und das dritte, welches von einer Frau gesungen wird, so mit Trommeln am Anfang, und alle kennen es, aber niemand weiss wies heisst. Ja, genau das.
In der Aufwärmphase machten wir viele Schritt- und Hüpfkombinationen, die tänzerisches Verständnis voraussetzten. Meine unzähligen Discobesuche während meiner Jugendzeit sollten also doch noch zu was gut gewesen sein. Das T-Bow, welches ja stark an ein Waschbrett, das zu lange an der Sonne gelegen hat, erinnert, stellten wir vor uns hin. Alle Übungen „gipfelten“ auf dem T-Bow und jetzt wurde mir auch klar, weshalb fast nur Frauen hier waren. Multitasking war bei diesen relativ anspruchsvollen Kombinationen gefragt und das hatte ich erstaunlicherweise ziemlich gut drauf, was aber gleichzeitig auch meine Männlichkeit stark in Frage stellt. Aber hey, diese Sorgen spare ich mir lieber für meine kurz bevorstehende Midlifekrisis auf.

Was zu Beginn noch locker anfing, entwickelte sich langsam aber sicher zur Muskelfaserfolter. Spätestens als wir das T-Bow umdrehen mussten und auf dieser grossen Halbschale balancierten, wurde mir klar, dass das hier kein Nachmittag auf dem Ponyhof werden würde. Alle Übungen wurden jetzt nämlich durch pausenloses Ausbalancieren intensiviert und das ist wohl auch der Knackpunkt beim T-Bow. Wenn man festen Boden unter den Füssen hat, ists einfach, aber kaum steht man hier oben, geht’s an die Substanz und die war bei mir nur beschränkt vorhanden. Eine andere Investition aus meiner Spätjugendzeit sollte  sich nun bezahlt machen: Die unzähligen Stunden, welche ich als Möchtegern-Skateboarder in der Half- oder Quarterpipe verbrachte. Die halfen mir, während den anspruchsvollen Kombinationen, die Balance zu halten und waren der Grund dafür, dass ich mich hier nicht völlig zum Affen machte. Denn eines muss gesagt sein: Ein „normaler“ Mann, was immer auch das sein mag, wäre hier schon lange einen Stock höher auf irgendeinen Crosstainer geflüchtet. Aber ich und mein Jasskumpel auf der anderen Seite hielten tapfer durch. Zum Glück war die Musik so laut, dass man mein Wimmern nicht hören konnte.

Schlimmer geht’s nimmer, denk ich. Doch Frau Williams (wie der Formel 1 Rennwagen, meine Worte) fordert uns auf Gummibänder, welche in einen einseitig aufgeschlitzten Tennisball geflochten wurden (McGiver lässt grüssen), zur Hand zu nehmen. Diese Gummibänder werden durch zwei Öffnungen am T-Bow gezogen und dienen zur Intensivierung der eh schon durch die Balancegeschichte intensivierten Intensiv-Übungen. Ich weiss ja nicht wie viele Stunden sich die Erfinderin Sandra Bonacina mit Daniel Düsentrieb bei der Entwicklung des T-Bows den Kopf zermartert hat, aber was dabei heraus kam, ist für ein Weichei wie mich eine Katastrophe und für körperbewusste Fitnessfreaks schlicht genial.

Und hier geht’s zur Folter: http://www.t-bow.ch/

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