Just als ich mit meinen Kindern
Cosmo (5) und Avery (8) bei der Sportanlage Looren in Zürich-Witikon aus dem
Auto stieg entleerte sich der graue Himmelinhalt über uns. Das nenn’ ich doch
einen gelungen Willkommensgruss mit Augenzwinkern von Petrus, der uns Dreien an
diesem verregneten Ostersamstag noch mehrere Male etwas Galgenhumor abverlangen
sollte. Der freundlich Herr vom Elternverein Witikon im roten Anmeldungs-Bus
gab uns einen kleinen Crash-Kurs, wie man so einen OL bestreitet. Ich entschied
mich für die mittellange Strecke über 3,4km und 100m Steigung. Er drückte mir
eine Karte und den Chip in die Hand und los ging’s.
Auf dem Weg zum Start hörte es auf
zu regnen und die Partylaune keimte langsam wieder auf. Ich wollte den OL
gewinnen und die Kinder so viele Schoggi-Eier mampfen wie’s nur geht. Eine Hand
wäscht die andere. Ich steckte den Chip ins Startgerät und schon waren wir im
Rennen. Vom Adrenalin getrieben, wechselten wir vom Spaziergang zum
Laufschritt. Die Kinder gaben Gummistiefel und zogen wie wilde Fohlen davon. Ich
konsultierte meine Karte und rief ihnen zu: „Erster Posten, Nr. 31, Wurzelstock
Südostseite!“ Die Kids hatten keinen Schimmer was Papi da laberte aber es
erinnerte sie wohl an etwas das Captain Sharky sagen würde und hechelten wie
Bluthunde Richtung möglicher Beute. Da der erste Posten direkt am Waldweg lag,
fanden sie ihn bald. Ich, die Nachhut, entwertete den Chip. Avery, die dafür
zuständig war, die Nummern der Posten zu überprüfen, gab grünes Licht. „Nummer
31 stimmt Papi!“, meldete sie noch voller Elan und Cosmo zog wie ein Berserker
davon. Beim zweiten Posten war dann auch schon das erste Osternestchen
versteckt. Die Kids griffen sich je ein Schoggi-Ei. Man merke: Kindern mit
Schokolade im Mund ist Papis OL egal. An Laufschritt war nicht mehr zu denken.
Es begann wieder zu regnen. Ich schwang die verbale Peitsche: „Kommt Kinder!
Let’s go! Wir können das Ding gewinnen!“ Als wir oben ankamen hatten die zwei
Schokohelden vor allem eins: Durst. Und ich Leuchte hatte die Trinkflasche im
Auto vergessen. Cosmo liess mir das nicht durchgehen und drohte mit einem
Generalstreik der Kindergewerkschaft. Zum Glück fanden wir auf dem Loorenkopf
einen Brunnen. Puh, noch mal Glück gehabt.
Für die Posten 3 und 4 mussten wir
etwas längere Distanzen zurücklegen. Es regnete immer stärker und es brauchte
schon viel väterliche Überzeugungsarbeit um meine Kinder weiter durch den Wald
zu hetzen. Die Posten waren jetzt etwas mühsamer zu finden und auch schwieriger
zu erreichen. Überall sah man Familien, die suchend durch die Gegend liefen.
Schon leicht abgekämpft kraxelten wir auf dem nassen Waldboden an einem Weiher
vorbei zum 5. Posten. Da hörte es plötzlich auf zu regnen und begann dafür zu hageln!
Für mein Töchterchen war das eindeutig zuviel. Als wäre sie in der sibierischen
Eiswüste gefangen und dazu verbannt hier sterben zu müssen, schrie sie ihr
ganzes, in ihrem Alter zum Glück noch begrenztes, Fluch-Vokabular in den Wald.
Ich nahm Cosmo an der Hand und wir entwerteten in der Zwischenzeit mal Posten 5
mit der, für dieses Wetter ironischen Bezeichnung, „Trochenrinnenende“. Die
Gefahr Avery im Wald zu verlieren war sehr klein, denn wir hörten ja dauernd wo
sie sich befand. Für das Pflänzchen war die Sache gelaufen. Mit dem Hagel kam
der Temperatursturz, auch auf dem Fun-Barometer der Kinder. Unter stetigem Gekeife
wickelte ich meinen Schal um meine Tochter und streifte ihr meine Regenjacke
über. Erfolglos versuchte ich ihr die nassen Haare aus dem grimmigen Gesicht zu
streichen, denn die Kapuze schob alles immer wieder ins Gesicht.
Ich und Cosmo wollten weiter, doch meine
Tochter ging heulend in den Sitzstreik. Na bravo. In dieser Zeit gingen etwa
fünf Familien an uns vorbei. Die Väter gaben mir jeweils ein tröstendes
Das-kenn-ich-nur-zu-gut-Gesicht. Mein eh schon dünnes Nervenkostüm drohte zu
reissen. Trotzdem gewann ich das Spiel „Wem ist der Verbleib des anderen Familienangehörigen
im kalten Wald gleichgültiger“. Avery schloss wieder reumütig zu uns auf. Nach einem kurzen Group-Hug stieg die
Moral der Truppe, denn es ging nur noch bergab und wir fanden ein weiteres
Osternestchen. Kurz vor dem Ziel erlaubte sich aber mein Sohn einen Schnitzer
und bohrte seinen kleinen Körper nach einem Highspeed-Sturz, Handflächen voran,
in den Waldweg. Was das Zeug hielt, weinte er in den grauen Osterhimmel hinaus.
Ein aufgelöstes Schoggi-Ei in seinem Mund hatte einen dramatisierenden
optischen Effekt und ich war damit beschäftigt, Passanten zu beruhigen, welche
um das „aus dem Mund blutende“ Kind besorgt waren. Doch auch diese Tränen waren
irgendwann getrocknet. Im Ziel schien sogar die Sonne und es gab Rivella, einen
Osterhasen und gute Laune. Mit einer Zeit von 1:11:19 belegten wir den guten 19.
Rang – von 20 Teilnehmern. Grmbl...!
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