Wohl als Zeichen der Menschlichkeit
gewährt, mir die Redaktion jeweils einmal im Jahr einen Freipass bei der
Auswahl der verrückten Aktivitäten, die ich ausprobieren soll. Dieses Jahr
entschied ich mich für einen Ride mit einem Monster-Trottinett. Sie wissen
schon, die Trottis mit den riesigen Reifen, die hauptsächlich von
durchschnittlichen Familien aus dem Flachland gemietet werden, um während den
Sommerferien in den Bergen den gewissen Danger-Kick einzufahren.
Wie jedes Jahr machte ich mit meinen
beiden Kindern und meiner betagten Mutter eine Woche Urlaub in Albinen, meinem
Heimatort im schönen Wallis. Eher aus einer Mischung von Übermut und
Bequemlichkeit schlug ich meinem Lieblingsonkel nach einer 3-stündigen
Bergwanderung im Gebiet der Torrent Alp vor, den letzten Teil der Strecke auf
diesen Monster-Trottis zurückzulegen. Für ihn als Einheimischen war die Idee,
eines dieser Touristen-Traktoren zu mieten, wohl noch abwegiger als für mich,
doch er liess sich nichts anmerken und nickte gastfreundlich durch. Deshalb ist
er ja auch mein Lieblingsonkel. Nach einer kurzen Wartezeit, weil vor uns eben
noch eine dieser Flachlandfamilien vier Monster-Trottis mieteten, stiegen mein
Onkel und ich getarnt mit Helm und Sonnenbrille auf unsere Downhill-Maschinen.
Vom ersten Moment an war ich völlig geflasht von diesem Gerät und flog jauchzend
und japsend die Schotterstrasse runter. Verglichen mit einem Mountainbike weist,
das Monster-Trotti in den Kurven eine erstaunliche Bodenhaftung auf. Fast wie
auf Schienen kratzte ich euphorisch die Kurven. Mein frisch pensionierter Onkel
hingegen, der für diese Aktion meiner Meinung nach den absoluten
Senior-Jack-Ass-Award erhalten sollte, kämpfte in den Kurven noch sichtlich mit
der Fliehkraft. Mit der Grazie eines gemächlichen Segway-Cruisers, massierte er
sich die Bergstrasse runter. Doch die Tatsache, dass diese Monster-Trottis
keine Federgabel haben verhinderte, dass wir beide auf dem groben Schotter gute
Stilnoten bekamen. Um sich etwas Sicherheit zu kaufen muss man nämlich ziemlich
tief in die Knie gehen. In dieser seltsamen Position sieht man dann aus wie ein „Z“, welches rückwärts den Berg
runterfährt oder eben wie jemand der auf einem fahrenden Outdoor-Klo sitzt und
einen leichten Hang zum Exhibitionissmus pflegt. Eine stetige Vibration der
Arme lässt sich aber nicht vermeiden und setzte uns nach einer Weile ziemlich
zu. Mehr geschüttelt als gerührt kamen wir nach einer halbstündigen Abfahrt in
der Talstation an. Während ich am liebsten gleich nochmals runtergefahren wäre,
hatte mein Lieblingsonkel genug und strich genüsslich „Monster-Trottinett fahren
mit durchgeknalltem Vetter“ von seiner Rentner-Bucket-Liste.
Am nächsten Tag war es natürlich ein
leichtes, meine Kinder zu einer Fahrt mit dem Monster-Trotti zu überreden. Um
das relativ schwere Teil zu lenken, waren sie aber noch zu klein. Also nahm ich
zuerst meinen Sohn Cosmo mit zur Bergstation und meine Tochter Avery spielte
mit der Oma im Dorf als ein paar Runden „Tschau Sepp“. Cosmo kriegte wie Papi
einen Helm verpasst und schon schossen wir im Überschall-Tempo talwärts. Mein
Sohnemann stand vorne auf dem Trittbrett und klammerte sich mit seinen kleinen
Händen an der Querverstrebung des Lenkers fest. In seinem Gesicht fand sich
keine Spur von Angst. Im Gegenteil, es konnte dem Kleinen nicht schnell genug
gehen. Von einem anderen Familienvater kassierte ich für die Schussfahrt ein
Augen verdrehen, garniert mit einem saftigen Kopfschütteln. Pustekuchen! Wir
hatten mächtigen Spass und diesen Vater-Sohn-Moment kann ich allen anderen
Papis wärmstens empfehlen. Einziger Wermutstropfen war das Durchqueren der über
Nacht etwas eingewässerten Kuhtränke. Da vermischte sich nämlich eine Hand voll
Kuhfladen mit Regenwasser und was dann passiert, wenn man Full-Speed durch die
Suppe brettert, muss ich ihnen ja wohl nicht genauer erläutern. Als „Team Sommersprosse“
fuhren wir aber unbeirrt weiter Richtung Talstation, gaben uns Fünf und krakeelten
„An Tagen wie diesen...!“ von den Toten Hosen.
Mit meiner Tochter war die
Geschichte etwas anders. Eine kleine Nebelschwade zu Beginn der Fahrt verdarb
ihr sofort die Lust. Das Quietschen der Scheibenbremsen tat ihr weh in den
Ohren und bei jeder Kurve bewegte sie ihren kleinen Körper in die entgegengesetzte
Richtung, was uns ein, sagen wir mal, eher spezielles Kurvenerlebnis bescherte.
Bei der Kuhfladen-Stelle ersparte ich mir panisches Gekreische, indem ich auf Schrittempo
drosselte. Aber schliesslich kamen wir heil unten an, was mehr war als man
erwarten durfte. „Ich liebe dich, meine kleine Drama-Queen“, säuselte ich in
des Töchterchens Ohr und schnappte mir sogleich ihren kleinen Bruder, um
nochmals vom Berg ins Tal zu bolzen. Diesmal mussten wir jedoch ein paar Stopps
einlegen, um unsere durchgeschüttelten Greiferchen auszuspannen. Wieder in der
Talstation und somit im Restaurant Flaschen angelangt, gabs für die Kinder und
die Oma ein Sinalco und für mich ein kühles Panache – das bald zum Frappe
mutierte, für welches Hopfen und Malz verloren war.
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