Freitag, 24. Januar 2014

Midi beim Poledance


Ich startete meinen Tag mit einer Facebook-Statusmeldung, die von einem Mann wohl doch eher selten geschrieben wird: „MIDI GOTTET besucht heute Abend als einziger Mann eine Poledance-Stunde. Was zieh ich da bloss an? Mein Gott, ich bin noch nicht mal dort und werd schon ganz weibisch.“ Darauf hagelte es innert wenigen Stunden ganze 39 Kommentare und 18 „Gefällt mir“. Von „High-Heels nicht vergessen“ über „Unbedingt Haare an der Oberschenkelinnenseite rasieren, sonst bereust du es bitterlich“ bis „Dir würde ich schon noch ein Nötli ins Höschen schieben“ war alles an Tipps und Häme dabei und das, wohlverstanden, von erwachsenen Frauen.

Dass ein Mann, der eine Poledance-Lektion besucht, etwas spezielles ist, merkte ich auch deutlich, als ich das strikt in Rosa gehaltene Tanzstudio von Daniela Baumann im Zürcher Seefeld betrat. Entgeisterung sprang mir entgegen als Maria, die Instruktorin, der Klasse offenbarte, dass heute ein Journalist anwesend sein wird. „Bist du schwul?“, fragte mich Maria und erteilte mir auf diese doch sehr unkomplizierte Art und Weise das Wort. Mann oh Mann, mit der einfachen Antwort „Ja“ hätte sich die Situation innert Sekunden so was von entspannen können. Aber eben, es wäre gelogen gewesen und ich wollte unsere kurze, aber intensive Beziehung hier nicht mit einer Lüge beginnen. Also stammelte ich der Meute vor, dass ich im Gegensatz zu ihnen nicht freiwillig hier sei, lästerte etwas über die fiese FIT for LIFE-Redaktion und beteuerte, dass das hier für mich bestimmt peinlicher werden wird, als für sie. Irgendwie wählte ich wohl, und das ist bei Frauen ja sehr wichtig, die richtigen Worte, denn die Klasse entspannte sich blitzartig und buchte mich wohl als bedauernswerten Maso-Freak ab, der offensichtlich auf die Kohle angewiesen war, um die Kinder durchzubringen. Und verdammt, sie hatten ja so recht.

In ganz unweiblicher Manier zog ich mich innert einer knappen Minute um und begab mich so unauffällig wie möglich auf einen freien Platz. Im Spiegelbild jedoch war ich rein optisch, so wie ein Fussballspieler inmitten einer Horde Ballerinas, ganz klar als Fremdkörper zu erkennen. Maria spielte laute Pop-Musik ein und gab noch lautere Bewegungsbefehle. Jede(r) von uns hatte zwei grüne, niedliche Hantelchen in den Händchen und so absolvierten wir gemeinsam ein an Nahrhaftigkeit unerwarteterweise stark zunehmendes Aufwärmprogramm, welches im Nachhinein dafür verantwortlich ist, dass ich diesen bestimmten Song von Katy Perry mein Leben lang hassen werde. Danach, mit Puls 177, war ich für die nächsten zwei Minuten damit beschäftigt, mir nichts anmerken zu lassen. Doch innen drin schrie es: „Mutti, ich bin ein Mann, hol mich hier raus!“ Und dabei hatte ich die Stange noch nicht ein Mal berührt.

Als Erstes machten wir an der Pole den „Fireman“. Wie es der Name schon verrät, schwingt man sich hier wie bei der Feuerwehr von oben nach unten drehend an der Stange. Da mein Sohn ein Fan von Füürweehrmaa Sämi ist, konnte ich bei dieser Figur etwas von meinen Erfahrungen auf dem Spielplatz profitieren. Danach übten wir eifrig den „Schwan“ vorwärts, rückwärts und nach einer ruckartigen Wechselbwegung in die entgegengesetzte Richtung. Hierbei ging es darum, sich hängend um die Stange zu drehen und dabei auszusehen wie ein Schwan. Den Damen gelang das sehr gut, bei mir sah das Ganze eher aus wie ein besoffener Orang Utan im Zoo - und fühlte sich auch so an. Das Ding beim Poledance ist, dass man als Mann, und den damit verbundenen muskulären Vorteilen, eigentlich fähig ist, fast alle Figuren „nachzuturnen“. Das andere Ding beim Poledance ist, dass alles, was man als Mann an dieser Stange macht, grundsätzlich Scheisse aussieht. Alles.

Zudem holte ich mir beim Ausüben der Figuren beträchtliche Verbrennungen an den Unterarmen und den Kniekehlen, was dann noch das letzte Quentchen der eh schon nicht mehr vorhandenen erotischen Komponente abfackelte. Beim Versuch, das technisch doch schwierige „Karussell“ an die Stange zu bringen, passierte dann die Mutter aller Prellungen. Ich rammte meinen Körper irgendwie so unglücklich an die Pole, dass in meinem testikulären Bereich gehörig die Alarmglocken läuteten. Maria liess mich gütigerweise just in diesem Moment eine Runde aussetzen. Und während ich leicht gerädert die Performance der charmanten Damen  beäugte fragte ich mich, wann denn das Gefühl wieder in meinen linken Daumen zurückkehren würde. Tja, Poledance ist eben kein Ponyhof.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen