Ich startete meinen Tag mit einer
Facebook-Statusmeldung, die von einem Mann wohl doch eher selten geschrieben
wird: „MIDI GOTTET besucht heute Abend als einziger Mann eine Poledance-Stunde.
Was zieh ich da bloss an? Mein Gott, ich bin noch nicht mal dort und werd schon
ganz weibisch.“ Darauf hagelte es innert wenigen Stunden ganze 39 Kommentare
und 18 „Gefällt mir“. Von „High-Heels nicht vergessen“ über „Unbedingt Haare an
der Oberschenkelinnenseite rasieren, sonst bereust du es bitterlich“ bis „Dir
würde ich schon noch ein Nötli ins Höschen schieben“ war alles an Tipps und
Häme dabei und das, wohlverstanden, von erwachsenen Frauen.
Dass ein Mann, der eine Poledance-Lektion besucht,
etwas spezielles ist, merkte ich auch deutlich, als ich das strikt in Rosa
gehaltene Tanzstudio von Daniela Baumann im Zürcher Seefeld betrat.
Entgeisterung sprang mir entgegen als Maria, die Instruktorin, der Klasse
offenbarte, dass heute ein Journalist anwesend sein wird. „Bist du schwul?“,
fragte mich Maria und erteilte mir auf diese doch sehr unkomplizierte Art und
Weise das Wort. Mann oh Mann, mit der einfachen Antwort „Ja“ hätte sich die
Situation innert Sekunden so was von entspannen können. Aber eben, es wäre
gelogen gewesen und ich wollte unsere kurze, aber intensive Beziehung hier
nicht mit einer Lüge beginnen. Also stammelte ich der Meute vor, dass ich im
Gegensatz zu ihnen nicht freiwillig hier sei, lästerte etwas über die fiese FIT
for LIFE-Redaktion und beteuerte, dass das hier für mich bestimmt peinlicher werden
wird, als für sie. Irgendwie wählte ich wohl, und das ist bei Frauen ja sehr
wichtig, die richtigen Worte, denn die Klasse entspannte sich blitzartig und
buchte mich wohl als bedauernswerten Maso-Freak ab, der offensichtlich auf die
Kohle angewiesen war, um die Kinder durchzubringen. Und verdammt, sie hatten ja
so recht.
In ganz unweiblicher Manier zog ich mich innert einer knappen
Minute um und begab mich so unauffällig wie möglich auf einen freien Platz. Im
Spiegelbild jedoch war ich rein optisch, so wie ein Fussballspieler inmitten
einer Horde Ballerinas, ganz klar als Fremdkörper zu erkennen. Maria spielte
laute Pop-Musik ein und gab noch lautere Bewegungsbefehle. Jede(r) von uns
hatte zwei grüne, niedliche Hantelchen in den Händchen und so absolvierten wir
gemeinsam ein an Nahrhaftigkeit unerwarteterweise stark zunehmendes
Aufwärmprogramm, welches im Nachhinein dafür verantwortlich ist, dass ich diesen
bestimmten Song von Katy Perry mein Leben lang hassen werde. Danach, mit Puls
177, war ich für die nächsten zwei Minuten damit beschäftigt, mir nichts
anmerken zu lassen. Doch innen drin schrie es: „Mutti, ich bin ein Mann, hol
mich hier raus!“ Und dabei hatte ich die Stange noch nicht ein Mal berührt.
Als Erstes machten wir an der Pole den „Fireman“. Wie
es der Name schon verrät, schwingt man sich hier wie bei der Feuerwehr von oben
nach unten drehend an der Stange. Da mein Sohn ein Fan von Füürweehrmaa Sämi
ist, konnte ich bei dieser Figur etwas von meinen Erfahrungen auf dem Spielplatz
profitieren. Danach übten wir eifrig den „Schwan“ vorwärts, rückwärts und nach
einer ruckartigen Wechselbwegung in die entgegengesetzte Richtung. Hierbei ging
es darum, sich hängend um die Stange zu drehen und dabei auszusehen wie ein
Schwan. Den Damen gelang das sehr gut, bei mir sah das Ganze eher aus wie ein
besoffener Orang Utan im Zoo - und fühlte sich auch so an. Das Ding beim
Poledance ist, dass man als Mann, und den damit verbundenen muskulären Vorteilen,
eigentlich fähig ist, fast alle Figuren „nachzuturnen“. Das andere Ding beim
Poledance ist, dass alles, was man als Mann an dieser Stange macht,
grundsätzlich Scheisse aussieht. Alles.
Zudem holte ich mir beim Ausüben der Figuren
beträchtliche Verbrennungen an den Unterarmen und den Kniekehlen, was dann noch
das letzte Quentchen der eh schon nicht mehr vorhandenen erotischen Komponente
abfackelte. Beim Versuch, das technisch doch schwierige „Karussell“ an die Stange
zu bringen, passierte dann die Mutter aller Prellungen. Ich rammte meinen
Körper irgendwie so unglücklich an die Pole, dass in meinem testikulären Bereich
gehörig die Alarmglocken läuteten. Maria liess mich gütigerweise just in diesem
Moment eine Runde aussetzen. Und während ich leicht gerädert die Performance
der charmanten Damen beäugte
fragte ich mich, wann denn das Gefühl wieder in meinen linken Daumen
zurückkehren würde. Tja, Poledance ist eben kein Ponyhof.
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