Eine Stunde auf einem Crosstrainer verbringen. So
lautete die Vorgabe vom Hugentobler. Und zwar jener Crosstrainer, mit diesen
Skistöcken, um möglichst eine Nordic-Walking Situation zu simulieren. Nach
einer Minute wurde mir klar, weshalb Hugi auf diese Version bestand. Die Dinger
hauts einem nämlich schnell mal in die Birne, was ich beim ersten Trinkversuch
aus meiner stylishen Evian-Flasche schmerzlich herausfinden musste. Mister Bean
im Fitness-Studio. Super.
Es war gerade Rush-hour im Holmes-Place. Ich
ergatterte noch einen der letzten freien Crosstrainer im Club und fühlte mich
nach fünf Minuten wie ein Hamster im Laufrad. Je schneller ich trat, um so
schneller drehte das Rad. Aber wieso erhöhte ich stetig das Tempo? Vielleicht
wars die Tatsache, dass ich fast zuforderst platziert war und so das Gefühl
hatte, die Pace für das Feld hinter mir machen zu müssen. Aber, die mich
verfolgende Meute kümmerte sich herzlich wenig um mich. Die waren damit
beschäftigt, irgendein TV-Programm auf den vielen Screens zu verfolgen. Alle
hatten einen Kopfhörer mitgebracht um den Ton von der Konsole abzuzapfen. Ich
war der Einzige ohne Kopfhörer, was in etwa dem überstülpen eines Ich-bin-neu-hier-T-Shirts
gleichkam.
Wenn man dazu verdammt ist, diesen monotonen
Bewegungsablauf in einer übernatürlich hohen Kadenz zu machen und dabei keinen Zentimeter
vorwärts kommt, begrüsst man jede Art von Ablenkung. Also begnügte ich mich
damit ohne Ton fernzusehen. Auf SF2 zeigten sie eine alte Folge von Grey’s
Anatomy. Wow, da war ja sogar der gute, alte O’Malley
noch am Leben. Er verpasste einem Patienten mit offensichtlichem Herzstillstand
einen Stromstoss. Aber irgendwie mochte ich mit eigener zunehmender
Pulsfrequenz keine Menschen sehen, die gerade von einem Defibrillator
gegeisselt werden. Beim Stichwort Puls fiel mir auf, dass ich, laut Display, keinen
hatte. Ich verstehe ja nicht viel von Medizin aber in Sachen Gesundheit ist
keinen Puls zu haben meistens ein schlechtes Zeichen. Es stellte sich aber
heraus, dass ich lediglich die silberne Kontaktfläche am Griff nicht richtig
umfasste. Voila, Puls 137. Hm, wie hoch war doch gleich meine anerobe Schwelle,
welche der kürzliche Kardio-Test ergab? Ach, ist ja auch egal, ich kann sowieso
nicht langsamer treten. An diesem Teil fehlt irgendwie der Widerstand. Hilfe
O’Malley, ich werde immer schneller. Aber Aufgeben ist keine Option. Diesen Gefallen
werde ich dem Hugentobler nicht tun.
Auf meinem Display konnte man auch fernsehen. Es lief SF1, Werbung.
Mit einem Auge erhaschte ich einen Spot der neuen THOMY-Kampagne bei der ich
dem männlichen Charakter meine Stimme lieh. Aber eben, ich hörte ja nix, weil
ich hier alles ohne Ton sehen musste. Danach folgte die Sendung „Hopp de Bäse“
mit Kurt Zurfluh als Moderator. Draussen (Ja, es hat auch Fenster im Holmes
Place) begann es zu regnen und meine Stirn tat es dem Wetter gleich. Irgendwie
wurde jetzt alles ziemlich nass. Und im TV lief „Hopp de Bäse“. Vom Regen in
die Traufe, nennt man so was. Meine Pulsfrequenz machte jetzt Luftsprünge und
als ich merkte, dass man den TV-Sender nicht wechseln kann, wurde aus dem
Luftsprung eine Konstante. Himmel noch mal! Ich weiss ja nicht wies in der
Hölle aussieht aber das hier kommt dem Ganzen wohl ziemlich nah.
In meiner Anstrengung fixierte sich mein Tunnelblick auf das Display
und dort war ich dazu verdammt immer und immer wieder mit „Hopp de Bäse“
angestachelt zu werden. Das kam mir so vor, wie die Zuschauer, die einem beim
Velorennen auf der Pass-Strasse noch einen Klaps auf den Hintern verpassen.
Alles nervte mich jetzt. Kurt Zurfluhs Dresscode half herzlich wenig mich zu
beruhigen. Er trug schwarze Jeans, ein Hemd und eine graue Lederjacke. So sieht
kein Moderator einer volkstümlichen Sendung aus. So sieht eher ein Opfer der
Ausschaffungs-Initiative aus. Ich weiss nicht was schlimmer ist: „Hopp de Bäse“
mit oder ohne Ton schauen zu müssen. Und dann sass da noch die Monika Fasnacht
und der Leonardo – und sie machten einen Jass! Ich hasse jassen. Hab ich das
schon erwähnt? Mann, diese Maschine macht ein gemeines Monster aus mir und
allmählich hörte ich mich auch so an. O’Malley, machen sie schon mal eine
Thoraxdrainage. Keine Ahnung was das ist, aber bei Grey’s Anatomy fällt dieser
Ausdruck bestimmt sieben Mal pro Folge.
Plötzlich sehe ich unten links auf dem Display einen Button mit der
Aufschrift „Level“. Ich drück drauf und die Übersetzung wird grösser. Ich
glaubs einfach nicht. Ich befand mich die ganze Zeit im ersten Gang. Die Stunde
war schon fast um. In der Zeit hatte ich laut Display läppische 3, 41 Kilometer
zurückgelegt aber dafür 713 Kalorien verbrannt. Wie ein Trunkenbold stieg ich
vom Gerät und machte mich eierigen Schrittes auf den Weg zum nächsten McDonalds.
Frustfressen. Und Hugentobler schuldet mir eine Fussmassage.
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