Freitag, 24. Januar 2014

Midi im Holmes Place


Eine Stunde auf einem Crosstrainer verbringen. So lautete die Vorgabe vom Hugentobler. Und zwar jener Crosstrainer, mit diesen Skistöcken, um möglichst eine Nordic-Walking Situation zu simulieren. Nach einer Minute wurde mir klar, weshalb Hugi auf diese Version bestand. Die Dinger hauts einem nämlich schnell mal in die Birne, was ich beim ersten Trinkversuch aus meiner stylishen Evian-Flasche schmerzlich herausfinden musste. Mister Bean im Fitness-Studio. Super.

Es war gerade Rush-hour im Holmes-Place. Ich ergatterte noch einen der letzten freien Crosstrainer im Club und fühlte mich nach fünf Minuten wie ein Hamster im Laufrad. Je schneller ich trat, um so schneller drehte das Rad. Aber wieso erhöhte ich stetig das Tempo? Vielleicht wars die Tatsache, dass ich fast zuforderst platziert war und so das Gefühl hatte, die Pace für das Feld hinter mir machen zu müssen. Aber, die mich verfolgende Meute kümmerte sich herzlich wenig um mich. Die waren damit beschäftigt, irgendein TV-Programm auf den vielen Screens zu verfolgen. Alle hatten einen Kopfhörer mitgebracht um den Ton von der Konsole abzuzapfen. Ich war der Einzige ohne Kopfhörer, was in etwa dem überstülpen eines Ich-bin-neu-hier-T-Shirts gleichkam.

Wenn man dazu verdammt ist, diesen monotonen Bewegungsablauf in einer übernatürlich hohen Kadenz zu machen und dabei keinen Zentimeter vorwärts kommt, begrüsst man jede Art von Ablenkung. Also begnügte ich mich damit ohne Ton fernzusehen. Auf SF2 zeigten sie eine alte Folge von Grey’s Anatomy. Wow, da war ja sogar der gute, alte O’Malley noch am Leben. Er verpasste einem Patienten mit offensichtlichem Herzstillstand einen Stromstoss. Aber irgendwie mochte ich mit eigener zunehmender Pulsfrequenz keine Menschen sehen, die gerade von einem Defibrillator gegeisselt werden. Beim Stichwort Puls fiel mir auf, dass ich, laut Display, keinen hatte. Ich verstehe ja nicht viel von Medizin aber in Sachen Gesundheit ist keinen Puls zu haben meistens ein schlechtes Zeichen. Es stellte sich aber heraus, dass ich lediglich die silberne Kontaktfläche am Griff nicht richtig umfasste. Voila, Puls 137. Hm, wie hoch war doch gleich meine anerobe Schwelle, welche der kürzliche Kardio-Test ergab? Ach, ist ja auch egal, ich kann sowieso nicht langsamer treten. An diesem Teil fehlt irgendwie der Widerstand. Hilfe O’Malley, ich werde immer schneller. Aber Aufgeben ist keine Option. Diesen Gefallen werde ich dem Hugentobler nicht tun.

Auf meinem Display konnte man auch fernsehen. Es lief SF1, Werbung. Mit einem Auge erhaschte ich einen Spot der neuen THOMY-Kampagne bei der ich dem männlichen Charakter meine Stimme lieh. Aber eben, ich hörte ja nix, weil ich hier alles ohne Ton sehen musste. Danach folgte die Sendung „Hopp de Bäse“ mit Kurt Zurfluh als Moderator. Draussen (Ja, es hat auch Fenster im Holmes Place) begann es zu regnen und meine Stirn tat es dem Wetter gleich. Irgendwie wurde jetzt alles ziemlich nass. Und im TV lief „Hopp de Bäse“. Vom Regen in die Traufe, nennt man so was. Meine Pulsfrequenz machte jetzt Luftsprünge und als ich merkte, dass man den TV-Sender nicht wechseln kann, wurde aus dem Luftsprung eine Konstante. Himmel noch mal! Ich weiss ja nicht wies in der Hölle aussieht aber das hier kommt dem Ganzen wohl ziemlich nah.

In meiner Anstrengung fixierte sich mein Tunnelblick auf das Display und dort war ich dazu verdammt immer und immer wieder mit „Hopp de Bäse“ angestachelt zu werden. Das kam mir so vor, wie die Zuschauer, die einem beim Velorennen auf der Pass-Strasse noch einen Klaps auf den Hintern verpassen. Alles nervte mich jetzt. Kurt Zurfluhs Dresscode half herzlich wenig mich zu beruhigen. Er trug schwarze Jeans, ein Hemd und eine graue Lederjacke. So sieht kein Moderator einer volkstümlichen Sendung aus. So sieht eher ein Opfer der Ausschaffungs-Initiative aus. Ich weiss nicht was schlimmer ist: „Hopp de Bäse“ mit oder ohne Ton schauen zu müssen. Und dann sass da noch die Monika Fasnacht und der Leonardo – und sie machten einen Jass! Ich hasse jassen. Hab ich das schon erwähnt? Mann, diese Maschine macht ein gemeines Monster aus mir und allmählich hörte ich mich auch so an. O’Malley, machen sie schon mal eine Thoraxdrainage. Keine Ahnung was das ist, aber bei Grey’s Anatomy fällt dieser Ausdruck bestimmt sieben Mal pro Folge.

Plötzlich sehe ich unten links auf dem Display einen Button mit der Aufschrift „Level“. Ich drück drauf und die Übersetzung wird grösser. Ich glaubs einfach nicht. Ich befand mich die ganze Zeit im ersten Gang. Die Stunde war schon fast um. In der Zeit hatte ich laut Display läppische 3, 41 Kilometer zurückgelegt aber dafür 713 Kalorien verbrannt. Wie ein Trunkenbold stieg ich vom Gerät und machte mich eierigen Schrittes auf den Weg zum nächsten McDonalds. Frustfressen. Und Hugentobler schuldet mir eine Fussmassage.


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