Die Wetterprognose besagte, dass es mir während meiner
ersten Langlauf-Lektion am Sihlsee auf meine Anfänger-Rübe regnen würde. Dabei
hatte ich mich doch schon so darauf gefreut, was ja bei den fiesen Aufgaben,
die mir die FIT for LIFE Redaktion sonst auferlegt, nicht üblich ist.
Doch der angesagte Regen bis auf 1500 Meter sollte
sich in einen ansehnlichen, windstillen Wintermorgen mit blauen Himmelsfetzen
verwandeln. Tataah...! Perfekte Voraussetzungen, um sich in Studen am Sihlsee
mit ein paar dünnen Brettern an den Füssen zum Affen zu machen. Doch es kam
anders als erwartet.
Res Schaad, ein zwei Mal mit olympischem Silber
ausgezeichneter Sportsmann, begrüsste mich herzlich. Er hatte die gleiche
Stimme (samt Akzent), wie mein Coiffeur,
was es mir erleichterte, ihm mein Vertrauen zu schenken. Er drückte mir
zu lange Skistöcke und zu dünne Skis auf die Brust und zeigte mir, wie ich
meine urbanen Glamour-Flossen in die silbrigen Captain Future-Treter zu zwängen
hatte. So stand ich dann also wenige Minuten später als Langlauf-Rookie in
selbstmitgebrachten Retro-Veloklamotten (Retro – ein anderer Ausdruck für schon
ewig lange nicht mehr getragen, da verschollen geglaubt, aber dann doch noch
unter dem Bett gefunden) und freute mich darauf, dass mir endlich einmal jemand
Geduldiger diese Sportart beibringen würde.
Doch, oh Schreck, ich hatte meine Handschuhe
vergessen. Aber ehe ich was sagen konnte, tauchte neben Res wie aus dem Nichts
ein älterer Herr auf und überreichte mir ein paar Handschuhe und sagte feierlich: „Das sind
im Fall Björn Daelhie-Handschuhe.“ Doch mein konsternierter Blick verriet den
beiden alten Hasen, dass ich Stadtgurke nicht mal mehr Bahnhof verstand. Also
antwortete ich verlegen: „Ach so, DER Björn Daelhie? Der weiss eben schon, was
er meinen Fingern schuldig ist. Hehe..., ähm..., tja. Danke.“ Nach gefühlten 5
Minuten voller ungläubigen Anstarrens begann die Lektion.
Immer, wenn man von Grund auf eine
Sportart neu lernt, muss man ein kleines Aufwärmtraining über sich ergehen
lassen, damit alle anderen Sportler sehen können, dass da ein Anfänger
eingeschult wird und sie sich dann etwas besser fühlen. Das war auch dies Mal
nicht anders. Doch Res Schaad zeigte Gnade und ging sehr bald zum Wesentlichen
über. Das heisst, wir machten erst ein paar Trockenübungen vom Wesentlichen.
Irgendwie kam mir das alles sehr einfach vor und ich merkte an Res’ Resonanz,
dass ich alles auf Anhieb richtig machte.
Also stellte mich Res kurz entschlossen
auf die Ski und da haute es mich erst mal kurz entschlossen rückwärts auf den
Sack. In Res’ Augen sah ich, wie
das Wort „Naturtalent“ gerade in sich zusammenfiel und von einer Windböe
davongetragen wurde. Aber was solls? Es ist noch kein Meister vom Himmel
gefallen, aber einer kam gerade wieder auf die Beine und lernte Langlaufskaten
in einem halbstündigen Crash-Kurs. Res zeigte mir, wie man in die Hocke geht
und das Gewicht leicht nach vorn verlagert, um nicht nach hinten wegzustürzen.
Er zeigte mir, wie ich mit Hilfe von X-Beinen und einer V-Stellung der Skis
eine Beschleunigung zu Stande bringe. Wow! Und das klappte alles verdammt gut.
Das Wort „Naturtalent“ drängte sich auf und prompt kam es über Res’ Lippen und
beflügelte meinen Lernprozess. Ich flog über die Loipe und hatte noch nicht
einmal gelernt, wie man die Stöcke einsetzt. Doch ich, der Capain Future im
Retro-Look, hatte auch den Stockschlag bald raus und das nicht zuletzt, weil
dieser Res Schaad wirklich eine sehr angenehme Art hatte, einem was Schwieriges
beizubringen. Von ihm hätte ich mir auch noch gern die molekulare
Biotechnologie erklären lassen, doch dafür reichte die Zeit nicht aus.
Res machte sich auf den Weg zurück in sein
Langlauf-Zentrum, welches gerade von Loipen-Gourmets überrannt wurde, da das
Wetter wider Erwarten gut war. Jetzt war ich ganz auf mich gestellt. Ich, der
Sihlsee und meine neue Sportart. Ich skatete voller Euphorie in den Knien auf
der weissen Ebene. Wow! Meine Lebensgeister wurden geweckt. Seit Jahren habe
ich wieder einmal etwas entdeckt, das mir wirklich Spass macht. Ich denke,
dieser Björn Daelhie wird mir bald ein Begriff sein.
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