Freitag, 24. Januar 2014

Midi beim Turmspringen


Irgendwie habe ich das Gefühl, der Fit for Life Redaktion wäre es, seis aus Gründen möglichen Personalabbaus, allmählich recht, wenn ich eines meiner sportlichen Abenteuer nicht überleben würde. Diesmal schickten sie mich nämlich ins Turmspringen. INS TURMSPRINGEN...! Alle, die meine Kolumne über den Schwimmuntericht vor etwa 2 Jahren gelesen haben, wissen, Wasser ist nicht, ich betone NICHT, mein Element. Und jetzt sollte ich aus höchster Höhe (habe ich schon erwähnt, dass ich nicht schwindelfrei bin?) in ein 6 Meter tiefes Becken (habe ich schon erwähnt, dass tiefes Wasser unter meinen Füssen meine Grundangst vor Seemonster nährt?) springen und mich im panischen Hyperventilations-Hundeschwumm wieder an Land retten. Resultat: 3 mal Todesangst innert 5 Sekunden. Gratuliere Redaktion, neuer Rekord. Aber eben – ich war alt und brauchte das Geld.

Am Stichtag ass ich ganz viel Spinat, denn Spinat verursacht bei mir innert Kürze enorme Blähungen Davon versprach ich mir den nötigen Auftrieb, der hier möglicherweise über Leben und Tod entscheiden würde. Jeden Mittwoch um 20 Uhr trifft sich ein wilder Haufen von Sprungakrobaten im Hallenbad Oerlikon zur gemeinsamen Flugstunde. Bei sommerlichen Temperaturen fuhr ich mit dem Velo vor und wankte verschwitzt und widerwillig ins Hallenbad. 26 Grad im Schatten und ich geh ins Hallenbad. Super. Mit einem flauen erster-Schultag-Gefühl im Bauch zog ich meine Surferbadehose an und ging unter die Dusche. Jetzt stand ich nass und verloren im riesigen Hallenbad – und mir war kalt. Super. Und zudem war just an diesem Datum Welt-Kuss-Tag. Nur, wer würde mich in diesem erbärmlichen Zustand noch küssen wollen? Der Beckenrand womöglich.

Die Sprungtürme im hinteren Bereich ragten wie Wolkenkratzer empor. Plötzlich sah ich wie ein kleiner Junge, ca. 12jährig, auf den 7,5 Meter Turm stieg und dort oben etwas rumlungerte. „Mein Gott, wem gehört bloss dieser Junge? Sieht denn Keiner, dass dort oben ein Kind rumturnt?“, dachte mein besorgtes Vaterherz. Ich war offensichtlich der Einzige im Hallenbad, der alarmiert wirkte. Plötzlich stand der Kleine, Rücken Richtung zum Sprungbecken, an der Turmkante und machte einen gestreckten Rückwärts-Salto samt sauberem Eintauch-Zischgeräusch. Mir lief der Hintern auf Grundeis. Wenn die Kleinen hier schon solche Dinger machen, was würden sie denn von mir erwarten?

„Hallo, mein Name ist Midi und suche die Mirjam.“, stellte ich mich schüchtern dem Grüppchen unter  den Sprungtürmen vor. „Das bin ich.“, sagte eine grossgewachsene Brünette mit einem Ich-weiss-mein-Kleiner-du-machst-dir-hier-fast-in-die-Hosen-aber-es-kommt-schon-alles-wieder-gut-Lächeln im Gesicht. Ich warnte Mirjam davor, dass ich im Schwimmen eine Niete sei und sie meinte schelmisch, man müsse hier gar nicht schwimmen können. Haha, sehr lustig. Beim Einturnen auf einer Mattenbahn, musste ich gleich einen Run von drei Purzelbäumen hintereinander hinlegen. Danach war mir schwindlig. Verlegen lächelte ich mein Getorkel weg und machte darauf ein paar Rückwärts-Purzelbäume. Danach gings wieder mit dem Schwindel. Darauf wurde ein Rückwärts-Purzelbaum mit etwas Schwung und anschliessender Kerze welche in einem Kopfstand endete von mir verlangt. Und siehe da, ich schaffte es nach 3 Versuchen. Die Gruppe staunte und mein Selbstvertrauen wuchs um ein paar Zentimeter.

Anschliessend zeigte mir Mirjam auf einem riesigen Trampolin, wie man einen korrekten Absprung macht. Rechtes Bein Schritt nach vorn, Sprungbein anwinkeln, Arme acapulcomässig gestreckt nach aussen und dann mit einer schwungvollen Aufwärtsbewegung abspringen. Nachdem ich diesen Bewegungsablauf etwas verinnerlicht hatte, schickte Mirjam mich in die Fluten. Nicht von einem Turm und auch nicht von einem Sprungbrett sollte ich springen, nein, vom Beckenrand musste ich mittels dieser neuen Sprungtechnik in Wasser hüpfen. Wenn man das richtig macht, taucht man kerzengerade ins Wasser und wenn man das macht, schiesst einem Chlorwasser in die Birne und wenn das passiert, dann atmet man reflexmässig aus und dann merkt man, dass es bis zur Wasseroberfläche noch 4 Meter sind und man keine Luft mehr hat. Kurz: Mit „man“ meine ich mich und ich ertrank schon fast bevor ich auch nur Ansatzweise von einem Sprungbrettchen gesprungen bin. Super, läuft doch prima.

Nachdem ich etwas um mein Leben gekämpft hatte, was zum Glück ausser Gott und mir niemand bemerkte, machte ich das Selbe vom 1 Meter Brett, danach vom 3 Meter Brett und dann vom 5 Meter Turm. Mirjam gab mir immer wieder kleine Korrekturen und brauchte häufig den Ausdruck „Naturtalent“. Aber irgendwie fühlte es sich nicht so an. Mehr schlecht als recht durchlief ich die ganze Serie mit dem Köpfler und um mich herum sprangen Menschen im Ravensburgeralter (8-88) in allen möglichen Flip-Flop-Salto-Piruetten ins Wasser. Als Schluss-Bouquet forderte Mirjam mich auf vom 7,5 Meter Turm zu springen. Meine weibliche Intuition sagte mir, dass das nicht gut kommen würde. Ich hätte hier auch schreiben können: Mein Angstschweiss sammelte sich in der Dammgegend, aber das klingt einfach nicht so schön. Fazit ist: In meinem Alter macht man halt einfach nicht mehr alles was die Leute einem sagen. Aber danke für alles Mirjam, das „Naturtalent“ hat zuviel Spinat gegessen und muss jetzt abdampfen.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen