Freitag, 24. Januar 2014

Ich im Tai Chi (Gesundheit)


Jene die das hier nur lesen um mich leiden zu sehen, werden enttäuscht sein, denn es tat diesmal überhaupt nicht weh. Ausser vielleicht, dass ich schon um 6.30h aus den Federn musste schmerzte meinen gemütlichkeitssüchtigen Körper un peu. Als ich mich unter der Dusche durchs Sauber-mach-Routine-Programm ächzte und mich fragte, wie ich mir bloss diesen frühen Tai Chi Termin aufschwatzen lassen konnte, kam mir Sting in den Sinn, der zu diesem Thema mal sagte: „You gotta get out of that comfort zone.“ Und genau das tat ich heute. Doch erst musste ich mich um den richtigen Look kümmern. Was trage ich bloss zu dieser Tai Chi Lektion? In einer sportlichen Montur würde ich mich wohl schnell zum Affen machen, denn Tai Chi, mutmasste ich, ist doch eher was Traditionelles, Schlichtes. Also entschied ich mich für lange, weisse Baumwoll-Hosen mit einem weissen Shirt. Jetzt sah ich aus wie Jemand vom Betreuungs-Personal des Unispitals auf dem Weg zur nächsten Mykonos-Party. Super!

Ich radelte in die Hochschulsportanlage des ASVZ wo ich ja kürzlich beim T-BOW mein Glück versuchte - und verlor. Ich wollte auf keinen Fall zu spät kommen. Versuchen sie mal unbemerkt in eine Tai Chi Klasse reinzuschleichen. Bei einer laut dröhnenden Aerobics Stunde, kein Problem aber beim Tai Chi ist das wohl als käme man zu spät zu einer Beerdigung. Und so kam es dann, dass ich mit Abstand der Erste im Unterrichtsraum war. Goldig! Nun stand ich da, in meinen weissen Klamotten und versuchte friedlich zu wirken. Ein paar der eintrudelnden Teilnehmer zeigten mir ihren ASVZ-Ausweis. Die weisse Kleidung verlieh mir offensichtlich was Offizielles. Schliesslich kam mein heutiger Tai Chi Meister Patrick Noser dazu und begrüsste mich freundlich. Er trug kurze, schwarze Radler-Tights und ein schwarzes Top. Soviel zu meinen Fähigkeiten einen möglichen Dresscode einschätzen zu können. Patrick zog einen riesigen Vorhang auf und dahinter kam ein flächendeckender Spiegel zum Vorschein. Das erfreute zum einen den Narzissen in mir, beleidigte aber gleichzeitig meine Eitelkeit, denn es war ja 8 Uhr morgens.

Patrick liess uns erst mal stabil hinstehen. Beine etwas breit, leicht in die Knie, Steiss nach vorne geschoben und die Arme seitlich leicht angehoben, wie ein Cowboy vor dem Duell, bevor er abgeknallt wird. In dieser Position machten wir, mit geschlossenen Augen, ein paar Atemübungen bei denen man sich beim Einatmen nach oben streckt und beim Ausatmen wieder runter in die Cowboy-Pose zurückkehrt.  Danach umarmten wir einen imaginären Baumstamm, der beim Einatmen an Volumen gewann und streiften einen Vorhang entlang hoch und runter. Patrick meinte, störende Gedanken aus dem Alltag sollen wir gleich wieder ins Pfefferland zurückschicken um uns auf die von ihm gestellten „Aufgaben“ zu konzentrieren. Es half natürlich auch nichts, dass noch ein paar Nachzügler zu spät zur Klasse stiessen. Während sie versuchten sich unbemerkt in den Raum zu stehlen, rollte ich theatralisch die Augen. (Nein, das tat ich natürlich nicht aber mein fieses Ich tats in Gedanken.)

Nach ein paar weiteren Übungen kamen wir zu der Figur, die ein Tai Chi-Leihe wie ich, als den Klassiker bezeichnen würde. Wenn ich das richtig aufschnappt habe heisst die Figur „Die Mähne des Wildpferdes teilen“. Schön, nicht? Es ist eine Übung bei der man mit einem fliessenden Bewegungsablauf den Angreifer abwehren kann. Man hält in Gedanken einen grossen Ball vor sich und wehrt in einem Ausfallschritt ab. Erst als Patrick das Ganze an einem Teilnehmer vorführte, fiel bei mir der Groschen. Man zieht einen Arm des Angreifers zu sich heran und drückt gleichzeitig mit dem anderen, gestreckten Arm gegen seine Brust und hebelt ihn über das Bein welches beim Ausfallschritt nach vorne geht. Ist halt ein bischen wie Judo, einfach für geistig Intellektuelle.

Das teilen der Mähne des Wildpferdes gibt’s auch noch in einer sich fortbewegenden Version. Da beschreibt man eigentlich die gleiche Figur, nur macht man jedes mal einen Ausfallschritt nach vorn und bewegt sich so laufend und abwehrend durch die gedachte Hafenkneipenschlägerei. Patrick korrigierte mich ein paar mal weil ich dabei dauernd in die bequemere Rücklage geriet aber mit laufender Wiederholung striegelte ich die Mähne des Wildpferdes in einem schönen Flow. Trotzdem sah es bei mir bis zum Schluss einfach nie so locker aus wie bei Patrick. Ich wirkte eher wie ein argentinischer Tangotänzer auf Entzug der zum chinesischen Schattenboxen übergelaufen ist.

Vielen Dank Patrick. Du hast mir gezeigt, dass man mit geschlossenen Augen den totalen Durchblick haben kann. Falls ich in Zukunft mal auf eine Tai Chi-Gang stossen sollte, die gerade im Begriff ist eine Horde Skinheads in Zeitlupe zu vermöbeln, werde ich ihnen tatkräftig zur Seite stehen. 

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